Perspektiven

 

 

08.01.2019 12:02 ++25.11.2017 05:55

 

 

Mediation

Die Mediation in ihrer heutigen Form hat sich aus der Praxis der außergerichtlichen Konfliktregelung entwickelt. Sie hat dabei Ansätze der Konflikt- und der Verhandlungsforschung, des psychologischen Problemlösens, der Psychotherapie sowie Systemische Therapie aufgegriffen. Eingeflossen sind auch Erkenntnisse aus den Fachgebieten Konflikt- und Kommunikationswissenschaft und Humanistische Psychologie, sodass die Grundlagen der Mediation interdisziplinäre Quellen haben. In Deutschland hat sich das Verfahren seit etwa 1990 zunehmend etabliert und auch empirisch evaluiert.

Im Speziellen bildn folgende Konzepte die Mediationsgrundlagen:

das Harvard-Konzept als eine Verhandlungstechnik,

die Konsens-Findung als ein durchgängiges Prinzip und

die Konflikteskalation nach Friedrich Glasl.

ALPHA Strukturen.

Mediatoren sind grundsätzlich nicht verantwortlich für das Verhandlungsergebnis, also für die Abschlussvereinbarung. Sie sind jedoch verantwortlich für die Sicherung eines Rahmens, innerhalb dessen die Kommunikation so geführt werden kann, dass die Medianden die Eskalation des Konfliktes vermeiden und zu einer Konfliktregelung finden können.

Weitere Grundlagen für die Durchführung einer Mediation sind:

Eine strenge Verschwiegenheit der Mediatorin oder des Mediators über die erlangten Kenntnisse gegenüber jedermann ist gefordert. Ein Problem kann sich allerdings aus dem fehlenden Zeugnisverweigerungsrecht ergeben.

· Die Freiwilligkeit bedeutet das Recht aller Beteiligten, eine Mediation zu beginnen, aber auch jederzeit abbrechen zu können.

· Das Verfahren startet mit einer Ergebnisoffenheit aller Beteiligten: es gibt keine Vorbedingungen.

· Die geforderte Allparteilichkeit beinhaltet, dass der Mediator oder die Mediatorin für die Sichtweisen aller Konfliktparteien dasselbe Verständnis hat, also quasi auf Seiten aller Medianten steht. Eventuell ist ein Machtgefälle zwischen den Parteien auszugleichen, indem der Mediator als ein vorübergehendes Sprachrohr einer momentan kommunikationsschwächeren Partei auftritt.

 

Ziele [Bearbeiten]

Ein grundsätzliches genuines Ziel der Mediation ist die Veränderung des Konfliktes – möglichst durch den wechselseitigen Austausch über die Konflikthintergründe und mit einer verbindlichen, in die Zukunft weisenden Vereinbarung der Medianden. In diesem Bestreben kommt der Aspekt der Zeit (Philosophie) zum Tragen: Ein Mediationsverfahren ist grundsätzlich zukunftsorientiert – es wird nicht nach einer Schuld gefragt. Die Historie eines Konfliktes, die persönlichen Anteile bei seiner Entstehung sowie seiner Eskalation, das alles gehört der Vergangenheit an. Im Gegensatz dazu sind Gegenstand eines Gerichtsverfahrens ausschließlich Rechte, die retrospektiv, also mit Blick zurück auf die Vergangenheit, entschieden werden. Gerichtsentscheidungen haben oft keine in die Zukunft weisenden, gestalterischen Elemente.

Aus dem Zeitpostulat ergibt sich für die Beteiligten einer Mediation die Forderung nach Aufmerksamkeit. Damit ist gemeint, dass immer wieder neu der Bezug zur Gegenwart, zur aktuellen Situation einer Sitzung geschaffen wird oder erhalten bleibt.

Es gibt aber auch Ziele, die außerhalb des eigentlichen Verfahrens stehen, nämlich wenn die Konfliktparteien gemeinsame Ziele einbringen, z.B.

diskrete Regelung von Vermögensfragen bei einer Scheidung;

beidseitige Kindeserziehung trotz Trennung der Eltern;

Berücksichtigung von Interessenlagen, die in einem Zivilprozess unbeachtet bleiben würden;

Reduzierung der Verfahrenskosten und der Konfliktfolgekosten;

· Fortsetzung einer Kooperation zweier Unternehmen;

· Möglichkeit eines unbürokratischen und flexiblen Verfahrens;

Schonung personeller und betrieblicher Ressourcen;

keine Öffentlichkeit durch Berichte in den Medien.

 

Anwendungsfelder [Bearbeiten]

Historisch gesehen hat in Deutschland die Entwicklung vor mehr als 20 Jahren in der Familienmediation begonnen. Inzwischen ist eine zunehmende Diversifikation der Anwendungsfelder zu beobachten, die zu einer speziellen Aufteilung geführt hat:

Scheidungsmediation

Schulmediation

Wirtschaftsmediation

Umweltmediation

Zur Hervorhebung der Diversifikation sind hier einige markante Anwendungsfelder genannt:

Trennung und Scheidung

Ambivalenz in Paarbeziehungen

· Probleme zwischen Eltern und Kindern

Auseinandersetzungen um ein Erbe

· Nachfolgeregelungen für Unternehmen

Konflikte von Arbeitnehmern, insbesondere Mobbing

· Konflikte aus Allgemeinen Geschäftsbedingungen

· Nachbarschaftsstreitigkeiten

Täter-Opfer-Ausgleich

Oft ist die Mediation in betrieblichen oder familiären Konfliktsituationen die einzige Alternative zur Gerichtsverhandlung, die zeitlich und finanziell höhere Risiken für die Beteiligten birgt.

Neue Wege geht in diesem Zusammenhang die

integrierte Mediation, die ein Anwendungsfeld im Gerichtsverfahren ermöglicht und über die

gerichtsverbundene Mediation hinausgeht.

Hinzugekommen sind als neue Anwendungfelder seit Anfang des 21. Jahrhunderts die Gebiete der

Interkulturellen Mediation und der

innerbetrieblichen, informellen Konfliktvermittlung in Organisationen (ohne externe Mediatoren)[1][2].

In Ostwestfalen/ NRW ist die Justiz ebenfalls sehr engagiert im Bereich der Mediation. Im Rahmen des Modellprojektes "Justizmodell OWL", das in erster Linie für Bürokratieabbau in der Modellregion Ostwestfalen steht, ist die Mediation ein großes Standbein geworden. In den Landgerichtsbezirken Paderborn und Detmold, sowie am Verwaltungsgericht Minden werden sehr erfolgreich seit Anfang 2005 Gerichtsinterne Mediationen durchgeführt. Bei diesen wird ein Richter als Mediator tätig, an den das Verfahren von seinem für das streitige Verfahren zuständigen Richterkollegen abgegeben wird. Gelingt die Mediation, wird das Ergebnis als vollstreckbarer Vergleich vom Richtermediator protokolliert. Scheitert die Mediation, wird das streitige Verfahren beim originär zuständigen Richter weitergeführt und von diesem entschieden. Für die Parteien entstehen neben den Gerichtskosten keine zusätzlichen Kosten. Ebenfalls im Rahmen des Projektes "Justizmodell OWL" wird in Kürze auch am Landgericht Bielefeld Mediation in der Form der Gerichtsnahen Anwaltsmediation stattfinden. Hierbei wird das bei Gericht anhängige Verfahren an einen ausgebildeten Anwaltmediator zwecks Durchführung einer Mediation abgegeben. Gelingt die Mediation, protokolliert der Richter des streitigen Verfahrens den geschlossenen "Vergleich". Gelingt die Mediation nicht, wird der Fall im streitigen Verfahren weiter verhandelt und vom Richter entscheiden. Durch die Mediation beim Anwalt entstehen den Parteien vor Gericht nur geringfügige Zusatzkosten, die zu gleichen Teilen zu tragen sind.

Am Landgericht Köln ist im Februar 2007 ebenfalls die Gerichtsnahe Anwaltsmediation - vergleichbar mit dem beschriebenen Bielefelder Modell gestartet. Wie erfolgreich das Modell der gerichtsnahen Anwaltsmedaiton ist, ist spannend und muss noch abgewartet werden.

In Österreich verpflichtet das seit 1. Juli 2004 geltende Nachbarrechtsänderungsgesetz streitende Nachbarn, eine außergerichtliche Einigung anzustreben, ehe eine Klage eingebracht werden kann. Die Forcierung von Methoden der außergerichtlichen Streitbeilegung wie Mediation, Schlichtung und Schiedsgerichtsbarkeit trägt zur Gerichtsentlastung bei. Eine von einem eingetragenen Mediator durchgeführte Mediation bewirkt, dass die Verjährungsfristen während der Dauer der Mediation gehemmt sind![3]